Freitag, 2. Juli 2010

es gibt keine Pflichtkapitel

da sitze ich doch in der Hitze und schreibe so ein Pflichtkapitel - nach einem Mord werden die Verdächtigen und Zeugen befragt. Der Plot gibt das zwingend vor, darauf kann man nicht ganz verzichten, auch wenn man keinen klassischen Ermittlerkrimi schreibt. Muss halt sein ... ?
Nein, großer Fehler! In der Diskussion mit Autorenkollegin Sabine T. aus A. bei B. stelle ich schnell fest, dass so ganz schnell eine dröge Pflichtübung ensteht, erst einmal für den Autor, und dann - was viel schlimmer ist - für den Leser.
Die Lösung ist ganz einfach: Ich stelle mir vor, die ganze Geschichte basiert nur auf diesem einen Gespräch zwischen Ermittler und Verdächtigem. Langweilig? Da empfehle ich den "Totmacher", in dem kammerspielartig das Gespräch zwischen einem Serienmörder und einem Psychiater zu grandioser Spannung aufläuft. Wenn ich nun die Herausforderung annehme, diese eine kleine Szene im Roman, die nur dazu dient, dass der Ermittler vom Zeugen ein später noch einmal bedeutsames Detail erfährt, zu einem Kleinod zu machen, zu einer Perle, die sich mit all den anderen, vielleicht am Ende stärkeren Szenen zu einem spannenden Ganzen verbindet - dann ist das keine Pflichtübung mehr. Was erfahre ich während dieses Gespräches über den Ermittler? Wie konzentriert ist er bei der Sache? Warum vergisst er dieses Detail und stolpert erst 20 Szenen später wieder darüber? Warum ärgert ihn das dumme Grinsen des Verdächtigen heute mehr als sonst? Warum hat er das Gefühl, dieses Gespräch nicht wirklich zu führen? Feine Nuancen, in denen der Krimiautor zeigen kann, warum ein Krimi eben auch Literatur ist. Von wegen Pflichtübung. Ran jetzt an diese spannende Szene ...
Und ja, diese Szene wird am Ende kein echtes Highlight des Romans werden - aber eben auch kein Ärgernis für den Leser ...

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