Samstag, 21. April 2012

Die seltsame Debatte zum Urheberrecht

Ich sage JA zum Urheberrecht, weil mir in der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen immer klarer wird, dass nicht wenige Menschen der Meinung sind, Literatur werde von Menschen gemacht, die Spaß daran haben und denen das Schreiben kein Beruf, sondern eine Berufung ist, und die deshalb kein Geld für ihre Machwerke verlangen sollten. Weil es ja keine Arbeit ist, sondern das reine Vergnügen. Es wird als selbstverständlich angenommen, dass der Künstler einen “Brotberuf” hat, für den er auch legitim Geld erhält, und dann setzt er sich zum Feierabendvergnügen hin und schreibt einen Roman, oder er trifft sich auf ein Bier mit Freunden im Tonstudio und nimmt ein paar Songs auf. Dafür Geld verlangen? Wie unverschämt … Vermutlich jammern die Leute deswegen ständig über ihren Job, um ihr Gehalt als Schmerzensgeld zu legitimieren. Wir kämpfen nicht etwa gegen eine Handvoll “Piraten” oder sonstige Wirrköpfe. Die können das international und verfassungsmäßig verankerte Urheberrecht nicht kippen. Nein, wir kämpfen gegen eine weit verbreitete Einstellung, dass der Künstler gefälligst zu darben hat, wenn er sich schon erdreistet, eine so schöne, befriedigende Tätigkeit wahrzunehmen anstatt eines anständigen Berufes. Nur wenige Kulturkonsumenten ahnen, dass gute Literatur nicht in Feierabendbierlaune entsteht, weder in der geforderten Qualität noch Quantität. Wenn sich das ändern würde, könnte vielleicht zukünftig tatsächlich der Künstler so von seiner Arbeit leben wie jeder andere auch. Verdienen etwa nur die 10 erfolgreichsten Bäcker Deutschlands Geld mit ihren Brötchen? Oder die zwanzig besten Busfahrer? Bei Kulturschaffenden wird das kaltlächelnd hingenommen. Das Urheberrecht ist die Basis für eine andere Sichtweise. Aber – es ist nur die Basis. Diese wird man uns nicht wegnehmen – doch es geht um mehr. Es geht um die Anerkennung des Berufes “Autor” oder “Künstler” oder “Kulturschaffender”. Mit dem Urheberrecht diskutieren wir über die Spitze des Eisberges, während wir gleichzeitig zulassen, dass wir unter der Oberfläche ständig aufgeritzt werden und lebenslang absaufen. Hier das Making-Of unserer SYNDIKAT-Fotosession in der Kölner Rechtsmedizin